(Bericht im KStA und BLZ vom 10.10.2020) von Angelika Rheindorf
Rumpelstilzchen und das Herz aus Gold
Im Bergischen Land, genauer gesagt in Kürten-Miebach einmal Richtung Unterbörsch den Berg rauf und dann wieder herunter, lebt Eva Oelze (46). Von der Großmutter wurde sie als Kind gern „Rumpelstilzchen“ genannt, wegen ihres hitzigen Temperaments.
Eigentlich immer neidisch auf die Stroh zu Gold spinnende Märchenfigur, hat Eva Oelze ihren eigenen Weg gefunden, und ihre mobile Pralinenmanufaktur „Choco Lounge“ ins Leben gerufen. Der ehrenvolle Name „Rumpelstilzchen“ ziert inzwischen eine ihrer Lieblingspralinen. Statt mit Stroh arbeitet sie allerdings mit Mandeln. Ihr „Froschkönig“ ist aus weißer Schokolade und innen ganz grün. Das „Herz aus Gold“ hat eine Seele aus Florentinerbröseln und Krümeln von Blätterkrokant, ist einem Freund gewidmet.
Wenn Eva Oelze in ihrer Backstube Zutaten verzaubert und dabei das Fenster auf hat, duftet es weit bis ins Dorf. Damit sie auch jeder findet, haben Nachbarn einen riesengroßen Wegweiser auf die Gartenmauer geschrieben. Darauf steht: CHOCO LOUNGE. Folgt man ihm, findet man in Unterbörsch 60 das idyllische Domizil der Kürtenerin.
Sie trägt bei der Arbeit traditionsgemäß eine schokoladenfarbene Schürze und eine weiße Mütze. „Vielleicht entwerfe ich mal eine Modekollektion, die zu meinem Label passt“, lacht sie und näht so ganz nebenbei ihre Kleidung selbst.
Eben hat sie den Ofen eingeschaltet, stellt Pralinen für den Wochenendverkauf am Backstubenfest her. Kiloweise mahlt und röstet sie Mandeln und Nüsse, kocht Karamell, aromatisiert Sahne, rührt Schokomassen an.
„Ich bin meine eigene Maschine“, kommentiert sie mit einem Lächeln und befüllt mit Sorgfalt einen Pralinenrahmen, damit später alle Pralinen gleich groß sind. Darin werden sie über Nacht fest, bis sie am anderen Morgen mit temperierter Schokolade und Dekorationen ihr verführerisches Aussehen erhalten. Seit Corona ist alles anders, aktuell gibt es die Pralinen und andere Leckereien nach Art „Drive-In“ nur an ihrem Backstubenfenster. Am 20. November gehört auch ihr Stollen mit Orangenmarzipan zum Angebot, ebenso wie eigentlich immer Honig und Met aus der eigenen Imkerei. Für Eva Oelzes Pralinenadventskalender bleiben noch ein paar Tage Zeit, bis die 20x20x8cm großen Umkartons mit ganz frischen Pralinen befüllt und von ihren Vorbestellern abgeholt werden können.
„Mein Kindertraum, beruflich *Tausendsassa* zu werden, hat sich erfüllt“, verrät sie mit einem Augenzwinkern. Um das zu erreichen, hat sie viel gelernt und sich erarbeitet. Nutzte ihr vielseitiges Interesse und die Freude an den kreativen Elementen für ihr Architekturstudium, so absolvierte sie das Studium mit Diplom und dennoch unglücklichem Bauchgefühl.
Ein Freund bemerkte ihre Traurigkeit und ihre strahlenden Augen beim Kochen und Backen. Schubste sie in die richtige Richtung. Eva Oelze machte daraufhin unter anderem im Bensberger Café Kroppenberg ein Praktikum und im Kölner Café Cremer eine Ausbildung, wurde in Wien Zuckerbäckermeisterin. Sie lernte bei Weltmeister Leopold Forsthofer dessen Pralinenkreationen kennen und wußte sofort: „Das will ich auch!“ Der Umzug in ihre Wohnung mit jener Backstube, die einst zur Texas-Bar gehörte, wurde 2010 zum Startort der mobilen Pralinenmanufaktur Choco Lounge. Eva Oelze besucht Privatfeiern, gibt Seminare. Und wenn wieder Sommer ist, freuen sich alle auf ihre köstlichen, mit Eis gefüllten Macarons.
Eigentlich enden an dieser Stelle alle Märchen. Aber „Rumpelstilzchen“ Eva Oelze ist sicher, dass in ihrem goldenen Fall noch viele Kapitel hinzukommen werden.